Das kalte Herz (Schauspiel Stuttgart 2014)

R: Armin Petras, D: Holger Stockhaus, Miles Perkin, Rahel Ohm, Christian Schneeweiß, Johann Jürgens, Caroline Junghans, Berit Jentzsch, Manja Kuhl, Aufführung am 4. Mai 2014

Das Ende. Das ist Armin Petras. Ein Geschwisterpaar, acht Meter hoch. Oder sind es zehn? Riesig jedenfalls, dieses Foto, glühend die Bäckchen, schick die Tracht. Aus dem Off knarzt die Märchentante von einer uralten Schallplatte: „Es ist doch besser, zufrieden zu sein mit wenigem, als Gold und Güter haben und ein kaltes Herz.“ Und vorn steht der Holländer-Michel und grinst.

Angefangen hat es nicht so gut. Die Dramaturgin sagt, Wolfgang Michalek sei krank. Ein anderer Holländer-Michel. Holger Stockhaus. Man habe bis eben geprobt. Dieser Stockhaus holt dann die meisten Bravos, was ein Kunststück ist bei so herausragenden Kollegen. Stockhaus singt und tanzt und quetscht Blut aus dem Herz des Kohlenmunkpeter. Dieses Märchen reißt im Wortsinn mit. Petras holt nicht nur Folklore auf die Bühne, sondern das halbe Publikum. Nach 50 Minuten tanzen oben 70, 80 Menschen. Trachten, Holzschuhe, eine Kuckucksuhr. Product Placement, lässt Armin Petras sagen, und der Schwabe fühlt sich verstanden.

Die DDR mochte die Geschichte vom kalten Kapitalismus. Petras ist mit dem DEFA-Film groß geworden. Reich wird, wer Glück hat (Sonntagskind) oder wer andere ins Unglück stößt. Wo sollte man darüber heute reden können, wenn nicht in Stuttgart? Munk fährt bald Mercedes, und Manja Kuhl erzählt, wie sie Jesus bei Norma getroffen hat, in einem Monolog, als die Tänzer aus dem Publikum ihre Plätze suchen. Man müsse nur die Schlange sehen, sagt Kuhl, einen Maßkrug in der Hand. Nörgelnde Kinder und all die Mütter, die nie so aussehen wollten. Und dann zerdeppert sie den Krug an ihrem Schädel.

Das kalte Herz ist Theater für alle Sinne. Musik von Miles Perkin, Riesen-Videos, perfekte Choreografien. Die alte Dame neben mir war sich nicht ganz sicher und hat die Rezension aus dem Lokalblatt mitgebracht, eine Seite, ausgerissen Ende Februar und jetzt Pausenhilfe durch den Ideendschungel. Zeitung gut, alles gut.